Affolter Transporte aus dem schweizerischen Schüpfen verfügt über einen hochmodernen Fuhrpark für straßengebundene Spezialtransporte. Die schweren Lastzug-Kombinationen von Affolter sind jedoch auf europäischen Autobahnen selten zu sehen. Auch in die Häfen von Rotterdam, Antwerpen oder Hamburg kommen sie nur sporadisch. Denn die Schweiz nimmt in Europa eine Sonderstellung ein. Die Schweiz ist nicht Mitglied der EU, aber sie ist eine Art Insel zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Der Arbeitsbereich von Affolter Transporte ist das so genannte Mittelland, das ist das hügelige, relativ flache Plateau zwischen Bodensee und Genfersee. Ein Interview mit Rudolf und Ernst Affolter.
Affolter Transporte AG – Wie ein Schweizer Uhrwerk
Wie immer die erste Frage: Wie ist Affolter Transporte entstanden?
“Unser Vater – Werner Affolter – hatte um 1960 einen kleinen Bauernhof. 1962 kaufte er seinen ersten Lkw, um mit dem Transport eine zusätzliche Einkommensquelle zu haben. Das war ein zweiachsiger Kipper. Ein Teil der Arbeit bestand aus dem Transport von Heu, Stroh und Kartoffeln. In diesen Jahren wurde unsere Region einer umfassenden Flurbereinigung unterzogen, um die Landwirtschaft effizienter zu gestalten. Viele neue Straßen mussten gebaut werden. Unser Vater hatte somit eine konstante Einnahmequelle. Das Transportunternehmen wuchs sehr langsam. Um 1970 bestand der gesamte Fuhrpark aus drei oder vier Lkw. Neben dem Straßenbau wurde ein regionales Betonwerk zu einem wichtigen Kunden. Als die Bauwirtschaft stagnierte, suchte unser Vater nach einem neuen Nischenmarkt. Wir hatten bereits Erfahrungen mit dem Transport von Betonträgern gesammelt und das war ein guter Ausgangspunkt, um uns in Richtung Spezialtransporte weiterzuentwickeln.”
Maximal zulässiges Gesamtgewicht mit einer 8x6 Sattelzugmaschine: 165 Tonnen
Affolter war der zweite Kunde von Nooteboom
in der Schweiz
“Erst nach 1980 haben wir uns auf „schwer-breit-hoch“ spezialisiert. Die Höhe war das größte Problem. 1982 kauften wir den ersten Nooteboom-Auflieger. Die geringe Bodenhöhe war ein großer Vorteil für Transporte in der Schweiz. Unser Trailer war das zweite Nooteboom Fahrzeug in der Schweiz. Die Firma, welche den ersten gekauft hat, existiert heute nicht mehr, damit sind wir auf Platz 1 gerückt. Mit dem Nooteboom Tieflader haben wir Baumaschinen mit einem Gewicht von bis zu 35 Tonnen transportiert.”
Die niedrige Ladefläche bei Nooteboom
“Die vielen Tunnel und Viadukte in der Schweiz machen es nicht einfach, eine hohe Ladung zu transportieren. Die maximale Höhe ohne Ausnahmegenehmigung beträgt genau 4 Meter. Mit einer Genehmigung ist mehr möglich. Dann ist in Ausnahmefällen die maximale Höhe 5,2 Meter möglich. Das Schienennetz ist in der Schweiz gut ausgebaut, aber für uns ist das ein Nachteil. Wenn wir einen Bahnübergang mit einer Ladung von mehr als 5 Metern Höhe passieren müssen, müssen die Leitungen spannungsfrei geschaltet werden.”
Verhandeln mit Nooteboom
“Im Laufe der Jahre haben wir eine sehr angenehme Beziehung zu Nooteboom und insbesondere zu Dick Nooteboom aufgebaut. Das begann so: Unser Vater war um 1990 zum ersten Mal auf der IAA, um alle Möglichkeiten für neue Auflieger auszuloten. Schweizer Tieflader gibt es nicht, also hatte er die Wahl zwischen verschiedenen niederländischen und deutschen Anbietern. Später kam Dick in die Schweiz und wir einigten uns auf einen 5-achsigen Semitieflader mit Auffahrrampen. Wir wollten auch einen 2-achsigen Teleskop-Tieflader von einem anderen Lieferanten kaufen. Dick hielt das nicht für eine gute Idee. Er sagte: ‘Wenn der Kunde nein sagt, beginnt meine Arbeit.’ Er blieb einfach sitzen, bis er auch den zweiten Anhänger verkaufte. Das haben wir nicht bereut, denn der Tieflader hat sehr viele Jahre hervorragende Arbeit geleistet.”
Noch größer
“Ein paar Jahre später waren wir auf der Suche nach größeren Anhängern. Wir haben einen Nooteboom mit einer Nutzlast von 55 Tonnen für den Transport einer Fräse gekauft. Der Vorteil bei Nooteboom war, dass wir auch nur wenige Meter der Ladefläche schwer beladen konnten. Neben Aufliegern für straßengebundene Spezialtransporte hatten wir auch 14 modulare Achslinien, auf die wir problemlos mehr als 200 Tonnen laden konnten. Doch diese Module standen mehr auf dem Hof als dass sie unterwegs waren. Deshalb haben wir die Hälfte davon verkauft. Für die Zukunft werden wir uns sicherlich nicht auf den Transport von Gütern über 100 Tonnen spezialisieren.”
Was ist das maximale Gewicht, das Affolter in der Schweiz transportieren kann?
“Wir haben fünf Schwerlastzugmaschinen, zwei davon mit Drehmomentwandler. In der Schweiz müssen mindestens 20% des Gesamtgewichts auf den angetriebenen Achsen aufliegen. Für eine 6×4- oder 8×4-Zugmaschine ist die Berechnung einfach: 5 x 24 Tonnen = 120 Tonnen Gesamtgewicht. Wir haben eine Mercedes-Benz/Titan 8×6 Sattelzugmaschine. Damit können wir 165 Tonnen Gesamtgewicht (5 x 33 Tonnen) erreichen. In der Schweiz gibt es einige hochspezialisierte Unternehmen, die mit 8×8 Zugfahrzeugen mehr als 200 Tonnen Gesamtgewicht bewältigen können. Dies ist jedoch nicht unser Marktsegment. Wir liefern keine Stahlseile für Skilifte hoch in den Bergen. Mit unserem neuen Nooteboom 3+6 Tieflader, kombiniert mit unserem 8×6 Titan, erreichen wir genau 150 Tonnen Gesamtgewicht. Für unsere Arbeit ist eine Nutzlast von fast 100 Tonnen mehr als ausreichend.”
Warum Nooteboom?
“Erstens haben wir seit langem ein gutes Verhältnis zu mehreren Mitarbeitern von Nooteboom. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Schnelligkeit, mit der wir Nooteboom-Auflieger für unterschiedliche Lasten anpassen können, und das geringe Eigengewicht. Wenn wir uns für Module entschieden hätten, hätte uns das viel mehr Geld gekostet – und wir wären viel schwerer unterwegs. Nooteboom Auflieger bieten das beste Preis-Leistungs-Verhältnis.”
Modular: insgesamt 16 Achslinien, mit denen eine Vielzahl von Kombinationen möglich ist
Der modulare Nooteboom Euro-PX
“Unser Nooteboom Euro-PX hat den Vorteil, dass wir eine große Anzahl von verschiedenen Kombinationen zusammenstellen können, die von einem 1-Bett-4 bis zu einem 3-Bett-6 reichen. Da sich das Compactdolly-Fahrwerk leicht abkuppeln lässt, verwenden wir manchmal sogar verschiedene Varianten an einem Tag. Wenn wir die Tieflader-Ausführung verwenden, können wir zwischen verschiedenen Ladebetten wählen, darunter ein Baggerstiel und eine teleskopierbare Außenträgerbrücke. Bei Verwendung als Semitieflader kombinieren wir maximale Nutzlast mit extremer Wendigkeit. Es ist selten, dass wir keinen Weg finden, eine schwere oder hohe Last auf unseren Euro-PX zu bekommen.”
Was kann Nooteboom noch verbessern?
“Wir haben immer in die modernste Ausrüstung investiert. Mit einem optimalen Fahrzeug können wir unsere Kunden auch optimal bedienen. Nooteboom investiert kontinuierlich in höhere Qualität, einfache Bedienung und ein geringeres Eigengewicht. Bei Nooteboom bekommen wir immer Service und Ersatzteile. Kurz gesagt: Wir sind sehr zufrieden mit der Qualität und dem Service von Nooteboom.”
Für welche Kunden arbeitet Affolter?
“Nach dem Jahr 2000 sind immer mehr Maschinenbaufirmen aus der Schweiz verschwunden. Unser Arbeitsbereich hat sich auf den Bausektor verlagert. Für diesen Bereich werden Maschinen und Materialien wie Dachziegel und Holzrahmen transportiert. In der Windindustrie tun wir wenig. Weil die Schweizer keine Windkraftanlagen mögen und der Schutz des natürlichen Lebensraums der Tiere für uns eine hohe Priorität hat, werden hier nur wenige Windkraftanlagen installiert.”
Arbeitet Affolter auch mit ausländischen Unternehmen zusammen?
“Unsere Lkw werden hauptsächlich in der Schweiz eingesetzt. Wenn wir in den Häfen von Rotterdam oder Antwerpen verladen müssen, lagern wir diese Arbeiten in der Regel aus. Wir sind nicht auf der Suche nach internationaler Arbeit und können diese auch zu attraktiven Preisen auslagern.”
Ist die EU ein Vor- oder Nachteil für Schweizer Unternehmen?
“Die Schweiz ist nicht Mitglied der EU, aber in der täglichen Praxis sind die Unterschiede nicht so groß. Auch wir haben erlebt, wie Produktionsfirmen in Länder mit niedrigeren Löhnen verschwunden sind. Ausländische Bauarbeiter sind auch in der Schweiz in der Bauwirtschaft tätig, und der Handel mit der EU unterliegt wenigen Hindernissen. Aus unserer Sicht unterscheidet sich die Schweiz im Business nicht wesentlich von Deutschland, den Niederlanden oder Italien.”
Affolter hat mehrere Unternehmen übernommen
“Um unsere Position im Bausektor zu stärken, haben wir mehrere Unternehmen übernommen. Es begann 2001 mit der Übernahme von Held Transport. Da wir in der Kombination von Kranvermietung und Transport einen Vorteil sahen, übernahmen wir 2003 die Kranabteilung von Kehrli + Oerler in Bern. Im Jahr 2008 konnten wir die Firma Lehmann Bau + Kran übernehmen. Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Unternehmen ermöglicht es uns, ein komplettes Sortiment an Kranen, Transport und Lagerung anzubieten.”
Alles aus einer Hand
“Wir verwenden viele Absetzpritschen für Holzkonstruktionen. So können wir die gesamte Logistik sehr effizient abwickeln. Wir können Transport-, Lager- und Kranarbeiten mit eigenem Equipment planen. Auch der Transport von Baumaschinen ist Teil unseres Pakets, wobei der 80 Tonnen schwere Schuttbrecher, den wir wöchentlich mit einer 5-achsigen Volvo-Zugmaschine und einem 4-achsigen Dolly transportieren, natürlich ein Blickfang ist. Für den Transport von Dachziegeln verfügen wir über zwei Lkw mit schweren Ladekranen.”
Und die kommenden Investitionen?
“Da ein großer Teil unserer Geräte für hochspezialisierte Arbeiten eingesetzt wird, dauert es lange, bis wir Entscheidungen treffen. Der nächste Austausch betrifft eine 5-achsige Sattelzugmaschine, den wir für den Transport eines 80 Tonnen schweren Steinbrechers einsetzen.”
Ist es schwierig, gute Mitarbeiter zu finden?
“Für neue Fahrer haben wir ein internes Schulungsprogramm, das drei Jahre dauert. Sie umfasst alle Aspekte unserer Arbeit, einschließlich der Vorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter. Wir haben keine ausländischen Fahrer und die Fluktuation unter unseren Mitarbeitern ist sehr gering. Wenn jemand nicht für unsere Arbeit geeignet ist, sehen wir das sehr schnell. Manchmal ist es harte Arbeit, aber unsere Fahrer haben einen großen Vorteil: Sie sind fast jeden Abend zu Hause.”
Rudolf und Ernst Affolter wuchsen zwischen Kränen und Lastwagen auf. Ein wichtiger Teil des Geschäftserfolgs von Affolter Transporte ist die Freude, mit der die Brüder jeden Tag wieder an die Arbeit gehen. Ernst: “Unsere Arbeit ist auch unser Hobby und die Freude, mit der wir arbeiten, ist für unsere Mitarbeiter und unsere Kunden ansteckend. Unser vielleicht größter Vorteil ist, dass wir pünktlich liefern. Dies ist bei Bauprojekten unerlässlich, denn ohne Material steht ein ganzes Team von Mitarbeitern still. So funktioniert Affolter: als präzises Schweizer Uhrwerk.”